Die Schlacht um Kommerscheidt

Die in unserer Gegend während des Zweiten Weltkriegs einquartierten bzw. kämpfenden Soldaten betätigten sich in ihrer Freizeit nicht selten als "Dichter".
Sie verfassten diese Sprüche und Gedichte wohl nicht nur, um sich selbst und ihren Kameraden eine Freude zu machen, sondern sicherlich auch deshalb, um sich ihre Betroffenheit von der Seele zu schreiben.
Kurt Cremer aus der Grünstraße besitzt ein solches Gedicht.
Er erhielt es von einem Kurier, der in Hasenfeld einquartiert war.
Hasenfeld war zunächst einmal der Zufluchtsort für die Familie Cremer gewesen.
Dann evakuierten sie nach Thüringen.

Das Gedicht, das Herr Cremer 1984 freundlicherweise Franz-Josef Brandenburg für dessen Buch "Nideggen in schwerer Zeit Evakuierung und Neubeginn" zur Verfügung stellte, trägt den Titel:

"Gedanken während der Schlacht bei Kommerscheidt"

Von Osten dämmert der Morgen schon,
ein neuer Tag, den die Fügung ersann.
Der Sturm peitscht die Wolken am Himmelszelt
und feiner Regen niederfällt.

Wir schreiten zum Angriff auf Kommerscheidt,
der Feind ist nah , und der Weg nicht weit.
So geht die Kompanie voran,
im Abstand von fünf Meter, Mann hinter Mann.
Nur Waffen klirren, die Männer schweigen,
und näher n sich langsam dem blutigen Reigen.

Ein Dorf wird durchschritten, mit brutaler Hand
hat dieser Krieg verwandelt das Land.
Manch Heim, das traute Stimmen gehört,
zerschossen, verbrannt, getroffen, zerstört.

Da dröhnen die Panzer, vorbei ist die Ruh ,
in einem Stall brüllt laut eine Kuh.
Vorbei, wer schweigend wohl nachgedacht,
es tobt zum Beginn das Inferno der Schlacht.

Da trommelt und rollt es, und Feuer und Stahl,
und Häuser brennen - ein lodernd Fanal.
Nun liegt im Beschuß die Kompanie,
im Feuerregen die Artillerie.

Wir eilen in Deckung, und krallen alsdann
uns in die Erde, Mann für Mann.
Es regnet Granaten, metallene Wut.
Du hast nur dein Leben, als einziges Gut.

Minuten und Stunden, so sprich doch: es werde.
Der Krieg überschreitet gemarterte Erde.
Einschlag um Einschlag, bald nah, bald fern,
und dennoch leuchtet der Hoffnungsstern.

Da sinkt des Feuers Turon herab,
Sprung, auf und vorwärts im eiligen Trab.
Die Kompanie am Häuserrand,
verborgen hinter sicherer Mauerwand.

Es sammelt sich langsam Zug für Zug,
dem Spuk entronnen, der Vernichtung Trug.
Da schwillt auf s Neue des Feuers Orkan.
Wir stehen in Kellern, Mann für Mann.

Und Panzer voran, doch Minen verdecken.
Die Straße im Dorf, der Angriff bleibt stecken.
Im Feuer der Granaten versinket der Tag,
es schenkt ihren Schleier wohltätig die Nacht.

Da graut ein neuer Morgen heran,
die Schlacht hält und Freund und Feind fest im Bann.
Es kracht und schallt, welch eherner Gruß,
zwanzig Panzer nehmen den Feind unter Beschuß.

Und Leuchtspurgarben kreuz und quer,
die Schüsse pfeifen aus MP und Gewehr.
Der Tod bedient wohl selbst das MG,
reißt Wunden, Verderben und tiefes Weh.

Doch neben den Panzern stürmen wie noch nie,
Kameraden der dritten Kompanie.
Ein Krach, ein Rufen, ein Vorwärtsrennen,
ein Schießen, ein Stechen, Häuser brennen.

Qualm zieht in Schwaden, der alles verdeckt,
da Feind, hier Freund, verdreckt.
Zerschossene Panzer, zerstörte Ruinen,
Sanitäter, die eilen, zu retten und dienen.
Verwundete ziehen, rot der Verband,
in zerrissenen braunen Gewändern,
verkrustet die Augen mit dunklen Rändern.

Panzerfaust nach vorn, ein Hasten und Rennen,
Panzer, zerfetzt, die lohen und brennen.
Langsam sinkt die Dämmerung, bedeckt das Leid,
das war der Kampf um Kommerscheidt.

Der Sieg war groß, der Kampf war schwer,
ein jener gab sein Letztes her.
Wir danken den Kameraden, die alles gegeben,
das höchste was sie hatten: ihr Leben.

(Quelle: Franz-Josef Brandenburg u.a.: Nideggen in schwerer Zeit - Evakuierung und Neubeginn; Schmidt 1984, S. 121)